Iolanta
Ca. 90 Minuten, keine Pause
Ein abgeschlossener Garten ist der geheime Ort, an dem Prinzessin Iolanta aufwächst. Abgeschottet von der Außenwelt weiß sie nicht, dass sie blind ist. Ihr Vater König René will seine Tochter unbedingt vor dieser Erkenntnis bewahren. Doch der maurische Arzt Ibn-Hakia sieht eine Chance für Iolantas Heilung nur gegeben, wenn sie selbst den Wunsch nach dieser Heilung ausspricht. Da bricht ein Fremder, der burgundische Ritter Vaudemont, in Iolantas Garten ein …
1892 zusammen mit dem »Nussknacker« uraufgeführt, ist die letzte Oper Peter Tschaikowskis heutzutage eine seltene Kostbarkeit auf den Spielplänen weltweit. Die dramatische Vorlage für das Werk, das dänische Drama »König Renés Tochter« von Henrik Hertz, war jedoch eines der erfolgreichsten Bühnenwerke des 19. Jahrhunderts. Das symbolistische Märchen reizte den hochromantischen Komponisten zu einer seiner rauschhaftesten Partituren, die der venezolanische Regisseur Carlos Wagner, der in Kiel bereits Wagners »Fliegenden Holländer« und Verdis »Macbeth« inszeniert hat, in eine faszinierende Bildwelt zwischen Fin de Siècle und heute verwandeln wird.
Premiere: 10. Dezember 2022
Einführung jeweils 45 Minuten vor Beginn im 2. Foyer Opernhaus.
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Werkeinführung in 2 Minuten: Iolanta
Pressestimmen
Iolanta – Peter Tschaikowskis Opernrarität in Kiel (12.12.2022)
Für Tschaikowskis »Iolanta« hat die Oper Kiel ein exzellentes Ensemble aus hauseigenen Sängern wie den Bassbariton Matteo Maria Ferretti und Gästen engagiert. Besonders der ägyptische Tenor Ragaa Eldin als Ritter Vaudémont bezauberte mit seinem warmen, sehr italienisch klingenden Schmelz. Und auch die junge Französin Adèle Lorenzi-Favart gestaltete die Titelpartie mit ihrem dunkel-runden Sopran facettenreich und eindringlich. Tschaikowskis vielschichtige Partitur (…) gestalteten das Philharmonische Orchester Kiel und Dirigent Daniel Carlberg souverän, differenziert und packend.
Theater Kiel: Peter Tschaikowskis »Jolanta« auf der Psycho-Couch (14.12.2022)
Kiel blieb (…) puristisch bei seiner Inszenierung und nahm sie dafür in den 90 Minuten sehr ernst, musikalisch wie auf der Szene. Carlos Wagners Regie stellte dort das Psychologische von Blindheit und Wiedergewinn der Sehkraft in den Vordergrund und verband damit eine mythische Initiation. Das passt, zumal er sich von Christophe Ouvrard eine Szenerie bauen ließ, die auf dem Boden ein graues und unwirtliches Wurzelgestrüpp hat, von dem eine Wendeltreppe in den darüber liegenden Oberbau leitet. (…) Auch die Kostüme stimmen. Sie sind keine modernistischen Rätsel, auch keine bloßen Zeitimitate. Kurz: sie unterstreichen die Bedeutung der Figuren (…).
Aber das Optische wurde immer durch die wahrlich passenden Stimmen übertönt. Die Französin Adèle Lorenzi-Favart führt in der Titelpartie in ihrem goldtönigen Plisseekleid eine junge Frau vor, die zunächst zurückhaltend, dann immer mehr Eigenheit zeigt. Dabei hilft ihre etwas dunkel timbrierte Sopranstimme. Matteo Maria Ferretti (aus dem Ensemble) hat für den René die nötige Festigkeit, sich dem Tenor Ragaa Eldins, ein in jeder Farbe glänzender Vaudémont, und dem Dmitry Lavrov, der mit seinem wendigen Bariton als Robert erst am gleichen Tag eingesprungen war, glaubwürdig entgegenzustellen. Er und Alexey Zelenkov als ein majestätischer Ibn-Hakia und mit einem grandiosen Bassbariton, dem jeder Ehrfurcht und Vertrauen entgegenbrachte (…). Der Männergruppe, zu der noch der junge, schlanke Tenor Sebastian Seibert als Waffenträger Almerik gehört ebenso wie der profunde Bass Alex Kupermann als Türhüter, stehen nur drei Frauenstimmen entgegen. (…) Der Marta, einer sehr bestimmenden Amme, gibt Maria Gulik mit kräftigem Alt Gewicht. Mit dem Sopran von Xenia Cumento und dem Mezzo von Tatia Jibladze hatte man zwei Sängerinnen, denen Tschaikowski gern größere Partien hätte schreiben sollen. Zumal der versierte Daniel Carlberg sicher dirigierte und alles allzu sensible in der Partitur vermied.
Zerrissen zwischen Rosen und Geheimnissen (09.12.2022)
Die Darsteller*innen wirken vertraut, nicht fremd oder gar sich gegeneinander profilierend. Es steht ein ausgewogenes Ensemble auf der Bühne, das durch ein wahres Miteinander bestimmt ist – bei aller hierarchischen Distanz der Figuren. Es lässt das Publikum die Emotionen und den Zwiespalt, in dem sich alle befinden, nachfühlen. Das Philharmonische Orchester und der Opernchor runden die Inszenierung gekonnt ab. Daniel Carlberg führt sein Ensemble mit Leichtigkeit und Eleganz durch Tschaikowskys Partitur. (…) Die Musiker*innen spielen wie gewohnt allesamt auf höchstem Niveau. Wer sich der Inszenierung hingibt, kann sich an einem atemberaubenden Opernerlebnis erfreuen.
Iolanta – Tschaikowski im Upside Down (11.12.2022)
Der Großteil des Rankenwerks entstammt dabei einem besonders dicken Bündel, das dem direkt darüber befindlichen Schlaf- und Behandlungsplatzes Iolantas zu entwachsen scheint. Eine Verbindung zweier Welten, wie sie uns in jüngerer Vergangenheit etwa in dem Serien-Welterfolg »Stranger Things« mit dem »Upside Down« begegnet ist. Mit diesem Bühnenbild gelingt es dem Team um Regisseur Carlos Wagner, Ausstatter Christophe Ouvard und Dramaturgin Dr. Waltraut Anna Lach eine »Iolanta« auf die Bühne zu bringen, die viel Raum für den Transport von Emotionen, weit über die Möglichkeiten von Musik und Gesang hinaus, ermöglichen, ohne das Publikum vom Wesentlichen abzulenken.
Musikalisch überzeugt an diesem Abend einmal mehr das Orchester unter der Leitung von Daniel Carlberg. Unter den durchweg ausgezeichnet besetzten Sänger*innen sticht besonders Ragaa Eldin hervor, der seinem Vaudémont zu der ihm gebührenden ergreifenden Emotionalität verhilft. Ein Lob, das so jedoch auch für Adèle Lorenzi-Favart gilt, die hauptsächlich im Dutt zwischen Iolanta und Vaudémont und einer starken Bühnenpräsenz zu glänzen weiß. Ein besonderer Applaus gilt Dmitry Lavrov, der mit seinem kurzfristigen Einspringen für den plötzlich erkrankten eigentlichen »Robert«, Samuel Chan, die Premiere gerettet hat.
Durch die Dornen des Unterbewussten (12.12.2022)
Die französische Sopranistin Adèle Lorenzi-Favart spielt und singt Iolanta großartig, mit wunderschön gaumig gedeckter, aber auch aufstrahlend intensivierter Stimme sowie jugendlicher körperlicher Ausdrucksenergie, verletztlich und aufbegehrend zugleich. Im Ägypter Ragaa Eldin hat sie als Vaudémont einen heldischen Retter wie man sich einen Tschaikowsky-Tenor wünscht: mit Schmerz, Schmelz und Schwung. [...]
Die Kieler Philharmoniker haben unter der Leitung vom Stellvertretenden Generalmusikdirektor Daniel Carlberg großen Anteil an der Binnenspannung der neunzigminütigen Aufführung. In deutlicher Annäherung an Tschaikowskys noch persönlicher gefärbter Sechste Symphonie klingt hier nichts nach Hollywood-Oberflächlichkeit, sondern tief empfunden, reich stofflich aufgefächert, berührend zart oder, wenn nötig, auch mal zupackend unerbittlich.
Kieler Nachrichten - Christian Strehk