Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich
Wer als Autor eine Kreuzfahrt macht, Start in Florida und ab da eine Woche an die schönsten Küsten dieser Welt, findet an Bord ein gefundenes Fressen an skurrilen Geschichten, bemerkenswerten Mit-Urlaubern und hat endlich mal Zeit, über das eigene Luxus-Bedürfnis zu philosophieren und sich darüber zu erschrecken, wie schnell man sich an den allerhöchsten Komfort gewöhnen kann.
David Foster Wallace Text ist eine liebevolle Satire auf das Kreuzfahrt-Geschäft und das prachtvolle Leben an Bord dieser Wellness-Hotels. Er nimmt die Zuschauer*innen mit auf die kleinsten, aber picobello saubersten Kabinen, gewährt Einblicke in Badezimmer mit High-Tech Unterdruck-Toilettenspülungen, nimmt mit an reichgedeckte Buffettafeln und zu knallharten Tischtennisturnieren auf dem Achterdeck bei Gegenwind. In ihrer ersten Regiearbeit lädt die junge Regisseurin Güde Nissen, gemeinsam mit dem Schauspieler Mischa Warken, zu einer humorvollen und tiefgehenden Reise über den Ozean ein.
Souveränes Spiel und gelungenes Regiedebüt (03.05.2024)
Die kritischen Töne sind rar gesät und flackern nur kurz auf, wenn der Erzähler innehält in seiner lebhaften Aneinanderreihung skurriler Erlebnisse. Dann wird er für einen Moment ernst. Und im Publikum wird es still.
Doch die Unterhaltung steht klar im Vordergrund des gut einstündigen Theatermonologs. Für Solist Mischa Warken kein Problem: In Bademantel und weißen Socken anfangs ganz der Kreuzfahrt-Tourist, streckt er sich wie nach einem erholsamen Schlaf und genießt die Aussicht [...]
Er lobt das Personal, das in Gestalt von zwei Statisten stumm um ihn herumwuselt und übt sich linkisch in belanglosem Small Talk. Stimmgewaltig gibt er den singenden Entertainer, bestreitet im Alleingang ein Tischtennis-Match und schlüpft in die Rolle eines selbstverliebten Laut-Sprechers, dessen hohles Geschwätz er mit meckerndem Zahnpasta-Lachen garniert. Verdienter Applaus für das souveräne Spiel und ein gelungenes Regiedebüt.
Kieler Nachrichten - Ruth Bender