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Monatsplan

Suzie Miller

Prima Facie

Spielstätte: Schauspielhaus

Tessa ist um die 30 und erfolgreiche Anwältin. Sie hat sich durch das Studium gekämpft, immer wieder bewiesen, wie gut sie ist, und sich über die letzten Jahre den Ruf erarbeitet, Männer bei jeder Form von Anschuldigung freiboxen zu können. Ob Drogenexzesse, Korruption oder gar ein sexueller Übergriff – solange Tessa die Verteidigung innehat, hat ein Mann wenig zu befürchten. Und darauf ist sie stolz. Sie glaubt, im Kreuzverhör Schwachstellen provozieren und die Scham der Ankläger*innen für sich nutzen zu können, ist ständig auf der Suche nach Verfahrensfehlern, heuchelt Mitgefühl, um dann überraschend zuschlagen zu können. Für sie ist jede Verhandlung ein Spiel, ein machtvolles, das sie rhetorisch vorzüglich beherrscht und das sie gewinnen will. Null Empathie für die Opfer. Es gilt die Unschuldsvermutung. Als Tessa eines Abends mit ihrem Anwaltskollegen Julian die Erfolge feiert, landen die beiden gemeinsam im Bett. Doch die unbeschwerte Nacht endet in einer Vergewaltigung. Plötzlich steht Tessa
auf der anderen Seite. Kann sie Julian verklagen? Wer wird ihr glauben? Würde sie einen Prozess durchstehen?

Das aufwühlende Monodrama der australisch-britischen Autorin Suzie Miller, die selbst als Strafverteidigerin gearbeitet hat, kam 2019 in Sydney zur Uraufführung, wurde vielfach ausgezeichnet, feierte große Erfolge in London und am Broadway
in New York und eroberte auch in Deutschland die Theaterbühnen im Sturm.

 

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Pressestimmen

schauspielerisches Ausrufezeichen (26.10.2025)

Tiffany Köberich trägt diesen Abend (zumindest auf der Bühne) komplett allein. 100 Minuten ohne Pause, ohne Netz, ohne doppelten Boden. Und sie trägt ihn mit einer Präsenz, die einen von der ersten Sekunde an packt und nicht mehr loslässt. Ihre Darstellung der Tessa Ensler ist ein schauspielerisches Ausrufezeichen, das niemand im Saal so schnell nicht vergessen wird.
Köberich beginnt als diese selbstbewusste, fast arrogante Strafverteidigerin, die durch die Gerichtssäle wirbelt, wie eine Raubkatze auf der Jagd. Man spürt ihre Energie, ihren Hunger nach Erfolg. Und dann – nach dem Bruch, nach der Gewalt, die ihr widerfährt – verwandelt sie sich vor den Augen des Publikums. Köberich zeigt uns eine Frau, die zerbricht, die kämpft, die sich auflehnt gegen ein System, das sie im Stich lässt. Die Art, wie sie zwischen den verschiedenen Ebenen und Zeitschienen wechselt, zeugt dabei von beeindruckender Wandlungsfähigkeit und emotionaler Tiefe. Man nimmt ihr alles ab – jede Träne, jeden Moment der Wut und der Verzweiflung.

KielErleben - Sebastian Schack

Noch so ein Gänsehautmoment (27.10.2025)

Als der letzte Satz auf der Bühne gesprochen ist, dauert es am Samstag nur Sekunden, bis der Applaus losbricht und sich das Publikum im vollbesetzten Kieler Schauspielhaus geschlossen von den Sitzen erhebt. Ein weiterer Gänsehautmoment an diesem eindrucksvollen Theaterabend – in diesem Fall vor allem für Tiffany Köberich, die das Monodrama »Prima Facie« unter der Regie von Mona Kraushaar mit unglaublicher Bühnenpräsenz getragen hat. [...] Dabei wechselt sie sowohl in die Rolle des überheblich auftrumpfenden Täters als auch in die des Opfers: zunächst wütend, dann verängstigt, verletzt und zutiefst gedemütigt. Die Verwandlung dieser Frau, die in »ihrem« Gerichtssaal plötzlich »auf der anderen Seite« sitzt, wird körperlich spürbar. Gefilmt von einer Videokamera und auf die Bühne übertragen, sieht das Publikum sich im letzten Bild selbst gegenüber. Noch so ein Gänsehautmoment.

SHZ - Sabine Christiani

Stehender Applaus (28.10.2025)

Tiffany Köberich spielt wie im Rausch, erst frontal als One-Woman-Show und auch mal nah am Rand der Parodie, dann verstörend in ihrer Verunsicherung. Intensiv taucht sie vom Spiel ins Sein der Figur, seziert zusehends emotionaler den eigenen Zustand und zeigt, wie Tess zu einer von jenen wird, die sie sonst als Verteidigerin vorführt: ein »Ding«, Gegenstand des Spiels.
Köberichs eindringliche Performance trägt den Abend, macht die anhaltende Brisanz des Themas schmerzhaft spürbar. Und zwischen Selbstbefragung, Psychogramm und Verhandlung wünscht man sich nur zum Schluss, als Tess ihr Plädoyer hält für mehr Gerechtigkeit im Recht, dass sie zurückfände zur Stärke der Anwältin. Und sei es nur als Hoffnung. Stehender Applaus.

Kieler Nachrichten - Ruth Bender