Der Rosenkavalier
ca. 4 Stunden 30 Minuten inkl. je einer Pause nach dem 1. und 2. Akt
Sa | 21.12. | 18:00 | Karten | ||
So | 12.01. | 17:00 | Besetzung | Karten | |
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Sa | 15.02. | 18:00 | Besetzung | Karten | |
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Fr | 21.02. | 18:00 | Karten | ||
Do | 13.03. | 18:00 | Karten | ||
So | 27.04. | 16:00 | Karten |
Das Orchestervorspiel dieser Oper schildert eine Liebesnacht – und was für eine: Wenn sich der Vorhang hebt, sehen wir die Feldmarschallin Fürstin Werdenberg im Bett mit Octavian, ihrem nur halb so alten, von einer Mezzosopranistin gesungenen Liebhaber. Schon muss Octavian sich als Kammerzofe verkleiden, um nicht von Baron Ochs entdeckt zu werden, der ungebeten bei seiner Cousine auf der Matte steht. Die Marschallin soll ihm bei seiner Heiratsabsicht mit der erst 15-jährigen, gut betuchten Sophie behilflich sein und einen Brautwerber alias Rosenkavalier für ihn finden. Während Ochs bereits der neuen Zofe schöne Augen macht, bringt die Marschallin ausgerechnet Octavian als Rosenkavalier ins Spiel! In der beschwingten Atmosphäre eines fiktiven, walzerseligen Wiens der Zeit Maria Theresias verbergen sich große existenzielle Themen: Liebe und Begehren, verrinnende Zeit, Abschied und Einsamkeit. Im Zentrum allen Treibens steht die lebenskluge Marschallin: »Wer allzu viel umarmt, der hält nichts fest.«
Einführung mit GMD Gabriel Feltz und Chefdramaturgin Dr. Waltraut Anna Lach jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn
Pressestimmen
Tempo und Würze (22.09.2024)
Am Theater Kiel machen Regisseur Sam Brown und sein Bühnenbildner Stuart Nunn das bewusst zeitlos Unzeitgemäße des Stücks zum Thema der Inszenierung. Mit Erfolg, denn so finden tragische und komische Aspekte des »Rosenkavaliers« immer auch zueinander. […] Im Einklang mit den Verfremdungseffekten auf der Bühne findet GMD Gabriel Feltz durchgehend die passende Paraphrasierung des Strauss’schen Klangs. […] Mit jedem Stück Putz, der sich aus der Rokoko-Fassade der Brown-Inszenierung löst, entlockt er dem Kieler Philharmonischen Orchester zunehmend Tempo und Würze. Allen voran die überzogene Rhythmisierung der Walzer im dritten Akt gelingt als musikalische Persiflage der entsprechenden Zeit treffend.
Auch die sängerische Besetzung ist nicht minder gelungen. Hier dominiert Agnieszka Hauzer als Feldmarschallin, beziehungsweise Maria Theresia, mit kräftigem und selbstbestimmtem Sopran die Produktion. Gestaltungsmacht als Kaiserin, die Verlustangst Octavians und die dennoch herrschende Gewissheit, ihn gehen lassen zu müssen – mit ihrem facettenreichen Timbre bringt Hauzer die Vielschichtigkeit ihrer ambivalenten Rolle gekonnt zum Ausdruck.
In ähnlicher Weise wird Jörg Sabrowski in der Rolle des Baron Ochs von Lerchenau seiner Befähigung als Sängerdarsteller gerecht. Im Fettanzug verkörpert der Grand Seigneur des Kieler Opernhauses den ekelhaften Liebhaber und Frauenhelden vor allem mit klarer, lauter und genau akzentuierter Stimme. […]
Schließlich überzeugen Sopranistin Xenia Cumento als Sophie und Clara Fréjacques als Octavian. Cumento, die ihre Klasse als ausdauernde Marathon-Sopranistin unlängst in Ludger Vollmers »Buddenbrooks« unter Beweis stellte, legte im gesanglich anspruchsvolleren »Rosenkavalier« noch mehr von ihrer sopranätherischen Stimme und nadelstichgenauen Präzision an den Tag. Clara Fréjacques meistert souverän die Hindernisse des stark an Dynamik einfordernden stoffreichen Bühnenbilds des ersten Aktes wie auch der starken schauspielerischen Einbindung der Rolle in das Regiekonzept. An der Stimmqualität ihres jugendlich frischen Mezzosoprans keine Zweifel aufkommen lassend, beeindruckt Fréjacques einfühlsam und beständig als Rosenüberbringer(in) im zweiten Akt mit Cumento. Vollendung finden die beiden gemeinsam mit Agnieszka Hauser in einem Trio sirenenhafter Atmosphäre.
Alles fließt, fiebert und verführt (22.09.2024)
Da schimmern hübsch androgyne Zweideutigkeiten. Sigmund Freud macht sich Notizen, wenn die Uhr im Orchestergraben für die gefühlt alternde Marschallin nicht nur zwölf, sondern dreizehn schlägt. Oder wenn der gutsherrlich provinzadelige Ochs darüber philosophiert, was in der modernen Metropole Wien alles aus dem patriarchalischen Ruder läuft. Auch die Idee, aus dem heute politisch inkorrekten kleinen Mohren eine vielgeschlechtliche, allwissende Diener*in »Mo« zu machen zeugt von Hintersinn. […]
Dabei spielen die Philharmoniker auch hier absolut brillant. Der Dirigent Gabriel Feltz hat für seine allererste Produktion als neuer Generalmusikdirektor jede Nuance in Strauss‘ virtuos herausfordernder Partitur auf den Punkt geprobt. Es gibt nirgendwo Spannungsbrüche, alles fließt, fiebert und verführt. Und er macht das angekündigte Kunststück wahr, den Singstimmen Platz zu lassen.
Da gibt es dann kleine Ensemble-Perlen wie das Arioso des italienischen Sängers (Mario Bahg) oder die Akademistinnen als »adelige Waisen«. Und viel Raum für die vier Hauptpartien und gute Textverständlichkeit. [...]: Agnieszka Hauzer fesselt als enorm ausdrucksstarke Marschallin emotional. Ihr Lächeln über den stürmischen Liebhaber, die gedämpfte Stimmung bei der Selbstreflexion, der leicht bittere und doch großzügige Verzicht - alles ist konkret zu hören.
[…] [Clara Fréjacques] tönt als »junger Herr aus großem Haus« jugendfrisch und forsch, beweglich und edel. Und ihre schlanke Stimme passt gut zu Xenia Cumentos blitzblanker, in der Höhe weich aufstrahlender Wunschfrau Sophie. Mit dem emanzipierten Widerstand dieser beiden hat der aus alter Schürzenjägerepoche entsprungene Baron Ochs auf Lerchenau wohl nicht gerechnet. Jörg Sabrowski stellt sein Staunen und seine verletzte Selbstverliebtheit gekonnt plakativ aus. Außerdem singt der Bassbariton die textreiche Basspartie famos – durch alle Register bis hinab in den E-Abgrund.
Kieler Nachrichten - Christian Strehk