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Giovanni Targioni-Tozzetti/Guido Menasci, Ruggero Leoncavallo
Pietro Mascagni, Ruggero Leoncavallo

Cavalleria Rusticana / Der Bajazzo

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

»Statt unsrer armen Narrenkleider schaut lieber unsre Seelen an, wir sind aus Fleisch und Blut wie ihr, Menschen, die mit euch die Luft auf der verwaisten Erde atmen!«
Was Tonio im Prolog zu Leoncavallos »Der Bajazzo« verkündet, stellt das Prinzip der beiden »Verismo«-Opern dar, die in klassischer Koppelung die neue Spielzeit eröffnen: so nah wie hier rücken uns die Figuren und ihre Gefühle selten in der Musiktheatergeschichte zuvor und danach. Zwei Eifersuchtsgeschichten führen uns tief in die Besonderheiten der (süd-)italienischen Mentalität: Die »bäuerliche Ritterlichkeit« der »Cavalleria rusticana« schildert archaische Rituale im ländlichen Sizilien. Hier steht das Osterfest noch stark in der heidnischen Tradition des Frühlingsopfers und ein Rivalitätskonflikt um eine Frau wird wie zwischen dem Bauern Turiddu und dem Fuhrmann Alfio um dessen Frau Lola, für die Turiddu die alleinstehende Santuzza verlassen hat, im traditionellen Messerkampf ausgefochten.
»Der Bajazzo« stellt direkt die Frage nach dem »Echtheits«-Gehalt der vorgestellten Handlung. Die Komödianten Canio, Nedda, Beppe und Tonio finden sich in der Situation wieder, dass die von ihnen gespielte Ehebruchs-Geschichte ein allzu reales Spiegelbild ihres wirklichen Lebens darstellt. Das Leben spiegelt die Kunst, so wie die Kunst das Leben.
Der berühmte italienische Doppel-Abend wird vom jungen Mailänder Regisseur Fabio Ceresa inszeniert, der 2016 als bester Nachwuchs-Regisseur bei den International Opera Awards in London ausgezeichnet wurde und mit »Rigoletto« und »Wilhelm Tell« schon zwei umjubelte Produktionen in Kiel verantwortet.

Premiere am 22. September 2018

Spieldauer: ca. 3 Stunden, inkl. Pause

Audio

Werkeinführung in zwei Minuten: »Cavalleria rusticana / Der Bajazzo«

Ab dem 22. September 2018 im Opernhaus

Pressestimmen

Theater Kiel: »Cavalleria rusticana« & »Der Bajazzo« (21.09.2018)

Hinreißende Kostüme und raffinierte Bilder zaubern italienisches Flair auf die Bühne. Starke Stimmen machen beide Kurzopern zum berührenden Erlebnis, bei dem Humor nicht fehlt.

NDR 1 Welle Nord - Andrea Ring

Sündertrauma und Gaukelspiel (24.09.2018)

Die Oper Kiel startet mit »Cavalleria rusticana« und »Der Bajazzo« eindrucksvoll in die Saison.

Übermächtiges Mobiliar türmt sich bedrohlich eichenschwarz auf. In einem allseits bedrängenden Riesenbeichtgestühl steckt die schwere Last von Jahrhunderten Glaubensmoral. Santuzza, die gestrauchelte »kleine Heilige«, durchlebt ihre Situation als unehelich Schwangere im erzkatholischen italienischen Süden als symbolistisch überzeichnetes Sündertrauma.
Aus den Türen quillt der Chor der ironischen Verächter, klappen bibelschwerer Sakralkitsch und Kunstgeschichtszitate, in denen Bezugspersonen mit Passionsfiguren gleichgesetzt werden. Hier mutiert Mamma Lucia zur mahnenden Strahlenkranz-Madonna, der verlorene Geliebte Turridu als »kleiner Erlöser« zur geopferten Christusfigur. Der italienische Regisseur Fabio Ceresa hat so in Pietro Mascagnis populärem Einakter »Cavalleria rusticana« eine bedeutende Tiefenschicht sichtbar gemacht. Sie korrespondiert stimmig mit dem im wahrsten Sinne »hereinspielenden« Osterthema.
Wenn etwa der Fruhrmann Alfio als Rächer aus der Unterwelt auf den zu schwarzen Pferden verwandelten Herrenchoristen hereinstürmt, dann ist das vom üblicherweise hier bemühten Verismo oder vorausgehntem Neorealismus des italienischen Kinos denkbar weit entfernt.
Dafür tun sich im diffusen Streulicht und punktueller Lichtkegel-Beleuchtung (George Tellos) diverse Aha-Effekte auf. Was immer bloß opernkonventionell wirkte, wird in der österlichen Abendmahls- und Kreuzigungsrhetorik zwischen Brot und Wein, Blutschuld und Vergebung relevant.
Die Mezzosopranistin Cristina Melis durchlebt ihre Santuzza-Phantasmagorie eindrucksvoll expressiv... Die für sie unerreichbar konkurrierenden Frauenbilder Lola und Mamma Lucia sind mit Tatia Jibladze und Gabriele Vasiliauskaite bestens besetzt...
Stefano Meos Bariton bietet den nötigen finsteren Gegendruck auch als Tonio im ungleichen Schwesterwerk »I Pagliacci« von Ruggero Leoncavallo. Schon sein imposanter Prolog über die Wahrheiten auf und hinter der Bühne zeigt, wie stark die Inszenierung Ceresas hier umsteuert. Nun ist alles freie Imagination (Bühne: Massimo Chechetto), verwandeln sich die zuvor aufwändig symbolbeladenen Kostüme (Giuseppe Palella) in clowneske Commedia dell’arte-Träume. Herabhängende Seile bilden die Barriere zum Chorpublikum (sehr gewandt einstuidert von Lam Tran Dinh und Moritz Caffier) und grenzen einen Vogelkäfig ein. Aus ihm gibt es für die geschickt zwischen Dramatik und Leichtigkeit vermittelnde Nedda von Agnieszka Hauzer kein Entrinnen, auch wenn ihr Sehnsuchtsziel Silvio (Sihao Hu) noch so betörend lockt.
Ceresa doppelt die Figuren des Eifersuchtsvielecks durch Akrobaten, die aus der Zauberkiste der Versenkung heraus all die hochfliegende Pläne der Theaterwelt vorführen.
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Kieler Nachrichten - Christian Strehk

Liebhaber zwischen Kruzifixen (24.09.2018)

In Kiel hat sich jetzt der italienische Regisseur Fabio Ceresa des Opern-Doppels angenommen, es kräftig gegen den Strich gebürstet und geschaut, ob nicht noch etwas hinter der Handlung steht: Nix Verismo - stattdessen eine symbolisch und psychologisch hoch aufgeladene, fantasiesatte Inszenierung, die das Premierenpublikum zu Beifallsstürmen hinriss.
Aus der Perspektive der jungen Santuzza (sehr intensiv und farbenreich: Cristina Melis) erzählt Ceresa die Eifersuchts-Geschichte »Cavalleria rusticana«. Alles beginnt in ihrem Schlafzimmer, fast wie eine alptraumhafte Rückblende. doch ist dieses Innere zugleich ein süditalienischer Kirchenraum, überladen mit kostbaren Schreinen, Kruzifixen, Beichtstühlen, prall gefüllt mit Bildern und mystische gebrochenem Licht. Hier erscheint ihr untreuer Liebhaber Turridu (mit markantem Tenor: Yoonki Baek) als Fruchtbarkeitsgott, seine Mutter Lucia (mit klarem Alt: Gabriele Vasiliauskaite) als Madonna, der Fuhrmann Alfio (mit herrlich dominantem Bass: Stefano Meo) als Tod und seine Frau Lola (mit warmem Mezzo: Tatia Jibladze) als Inbegriff weiblicher Schönheit. Durch die archetypisch-allegorischen Erweiterungen der Figuren bekommt das ganze Stück eine schillernde poetische Komponente.
An »I Pagliacci« dagegen interessiert Ceresa vor allem das Verhältnis zwischen Kunst und Realität, Schein und Sein. Diese Geschichte beginnt er einem mit Sternen behängten Nichts, in dem die Schauspielertruppe um den alternden Canio (faszinierend in seiner Abgründigkeit: Dario Prola) Farbe in das Leben einer Dorfgemeinschaft bringt. Doch da Canio vor der Aufführung erfahren hat, dass seine junge Frau Nedda (mit großartig intensivem, variantenreichem Sopran: Agnieszka Hauzer) einen anderen liebt, fällt er im Spiel zunehmend aus der Rolle. Dies wird auf vertikaler Ebene durch Luftakrobaten gespiegelt, die die sterbenden Rollen der Darsteller präsentieren. Genial!
Dank des furios auftretenden Solistenensembles, eines klangmächtigen Chors und eines philharmonischen Orchesters, das unter der Leitung von Georg Fritzsch besonders eine mitreißende Expressivität entfaltet, gelingt ein in jeder Hinsicht faszinierender Opernabend!

 

Schleswig-Holsteinische Landeszeitung - Christoph Kalies

Große Gesten mit List und Lust (23.09.2018)

Szenische Feuerwerke, musikalische Feste: Die Kieler Oper beginnt ihre Spielzeit mit einer grandiosen Doppelpremiere. Denn der italienische Regisseur Fabio Ceresa treibt die beiden Einakter »Cavalleria rusticana« von Petro Mascagni und Ruggero Leoncavallos »Der Bajazzo« ins bombastische Format. Und Generalmusikdirektor Georg Fritzsch am Pult vollendet mit dem Philharmonischen Orchester und den Chören des Hauses die Aufführung zum imposanten Gesamtkunstwerk. Entsprechend enthusiastisch fällt am Ende der Jubel des Publikums aus.

hansen & munk - Christoph Munk