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Gerhart Hauptmann

Die Weber

ca. 2 Stunden, 30 Minuten (eine Pause)

Deutschland im 19. Jahrhundert. Im Betrieb von Fabrikant Dreißiger wird gewebt, genauer gesagt: geschuftet. Zu ausbeuterischem Lohn werden die Arbeiter*innen in Heimarbeit geschunden. Als ihre Lebenssituation durch den Import von billigerer Baumwolle und mechanischer Webstühle so prekär wird, dass Weitermachen kaum mehr möglich ist und für ein Abendessen schon der eigene Hund geschlachtet werden muss, formiert sich Widerstand. Angeführt von jungen Männern, vereint im verbotenen Lied der Weber, entsteht eine neue Kraft und Identität unter den Arbeiter*innen. Sie befreien sich aus ihrer Ohnmacht und ziehen wütend gegen die herrschende Klasse auf die Straße. Wie lange wird das Militär den wütenden Mob aufhalten können? Und muss sich Fabrikant Dreißiger den Wütendenden stellen?

Mit diesem Klassiker des Naturalismus, geschrieben 1892, setzt Gerhart Hauptmann den historischen Weberaufständen in Schlesien von 1844 ein beeindruckendes literarisches Denkmal. Er beleuchtet die Arbeitssituation sowohl aus dem Blickwinkel der Arbeiter*innen als auch aus der Sicht der Arbeitgeber*innen und schafft dadurch eine milieuübergreifende, packende Sozialstudie. Die Forderungen der Weber nach angemessenem Lohn und eine menschenwürdige Behandlung sind heute leider so aktuell wie damals: Im unbedarften Konsum werden Produktionsbedingungen oft ignoriert, gleichzeitig öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter. Ungebrochene theatrale und soziale Sprengkraft, die Regisseur Dariusch Yazdkhasti als großes Ensembleprojekt auf die Bühne bringt.

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Premiere: 3. März 2023

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Audio

Werkeinführung in 2 Minuten: Die Weber

Pressestimmen

Hauptmanns »Die Weber« in Kiel: Gelungene Premiere mit aktuellen Anklängen (04.03.2023)

Ein starkes Bild hat Dariusch Yazdkhasti für den Auftakt seiner Inszenierung des Dramas »Die Weber« gefunden, mit dem Gerhart Hauptmann 1892 dem Weberaufstand von 1844 ein Denkmal setzte. Am Wochenende war Premiere im ausverkauften Kieler Schauspielhaus. Ganz pur bleibt die von Jutta Hattstein eingerichtete Bühne, geteilt durch das transparente Tuch, das die Welt der Weber von der des Fabrikanten Dreißiger (Imanuel Humm) trennt. In seiner eleganten, farbigen Kleidung wirkt dieser ungleich viel lebendiger als die ausgelaugte Meute, die ihn und seine zackig auftrumpfende Expedientin (Claudia Friebel) um einen Vorschuss auf den kargen Lohn anbettelt. Eine geschickte Lichtregie vervielfacht die Schatten der Arbeiter – so wachsen die Wenigen auf der Bühne zu einer Menge undefinierter schwarzer und grauer Wesen an.

Schleswig-Holsteinische Landeszeitung - Sabine Christiani

Solisten der Verzweiflung (06.03.2023)

Der Regisseur hat den monumentalen Fünfakter, dessen Uraufführung 1892 in Berlin verboten wurde, auf kompakte zweieinhalb Stunden komprimiert, die ausufernden Litaneien der Arbeiter beherzt zusammengestrichen. Dennoch bleibt genug, das Elend greifbar zu machen. Wenn Einzelne aus dem Treck heraustreten und ihrer Pein und dem Hunger Luft machen. Das 21-köpfige Ensemble funktioniert hier vor allem als gut eingespielte Ganzheit. Dazwischen modelliert Yazdkhasti Szenen aus dem Armutsalltag, wenn im Hause Baumert der Hund auf dem Tisch landet. Oder später bei den Hilses um einen geklauten silbernen Löffel gerungen wird, der dem Tuchfabrikanten Dreißiger nicht weiter fehlt, während die Weberfamilie von dessen Wert etliche Tage leben könnte.

Da gelingen eindrückliche Momentaufnahmen, darunter Almuth Schmidt und Tony Marossek, die gedemütigten Weber ins Nichts schrumpfen, während Marko Gebberts Bäcker motzig gegen an wütet. Christian Kämpfer spielt das ganze Beharrungsvermögen aus, mit dem der alte Hilse in der für ihn gottgegebenen Ordnung verharrt. Und Claudia Machts Mutter Hilse klingt fast schon wie die Stimme aus dem Jenseits. Solisten der Verzweiflung allesamt. Und wenn Nikolaus Okonkwos Ansorge sein ratloses »Nu jaja … nu neenee« in die Welt sinniert und sich später in der Wiederholungsschleife des Satzes »Mer leiden’s nimmer« festfährt, wird das in Hauptmanns Kunstslang zum starken, verstörenden Sound des Elends. 

Kieler Nachrichten - Ruth Bender

Premiere von »Die Weber«: Wenn aus Not Widerstand wird (04.03.2023)

Wenn aber die Bühne derart zurückgenommen ist, müssen die Schauspieler:innen (unter der Regie von Dariush Yazdkhasti und dramaturgischen Leitung von Ella Marie Schilling und Jens Paulsen) umso mehr glänzen, um zu überzeugen. Und das gelingt dem großen Ensemble auf beeindruckende Weise. So sehr, dass es sich praktisch verbietet, Einzelne gesondert hervorzuheben. Egal, ob Claudia Friebel als Expedientin Pfeifer, Felix Zimmer als Moritz Jäger, Yvonne Ruprecht als Mutter Baumert und Luise Hilse oder Marko Gebbert als Bäcker – an sie und alle anderen sind an diesem Abend ausschließlich Bestnoten zu verteilen.

Kielerleben - Sebastian Schack